Nicht allen VMware-Kunden gefiel, was der neue US-amerikanische Eigentümer Broadcom in den letzten Jahren mit VMware unternahm. Analysten zufolge setzte man zwar „deutliche Zeichen für die Zukunft der Marke und der Produktstrategie“. Beim Kunden kam das jedoch häufig als pure Preissteigerung an und verstärkte verbreitete Wechselwünsche.
Doch auch der Umstieg auf eine Alternative erweist sich nicht immer als ein leichtes Unterfangen. Als dann im Juli 2025 ein niederländisches Gericht entschied, dass VMware und Broadcom das Ministerium für Infrastruktur bei der Migration zu einer Alternative unterstützen müssen, freuten sich viele Kunden. Zwei Jahre lang sei Migrationsunterstützung zu leisten, angesichts der Kostensteigerung von 85 Prozent durch das neue Lizenzmodell, so das Gericht. Das IT-Portal Channelpartner nennt das Urteil einen „Präzedenzfall gegen aggressive Lizenzpraktiken, der auch im Rest Europas ähnliche Klagen Erfolg versprechend“ mache.
The Register: „Berechtigte Wut und Angst“
Das Urteil sei auch Ausdruck einer Bewegung weg von VMware, ausgelöst durch diverse Entscheidungen des Herstellers über die letzten beiden Jahre. Mehr und mehr VMware-Kunden kehren Broadcom den Rücken zu, seit diese Lizenzkosten und -Bedingungen kontinuierlich zu verändern begannen. Zweimal binnen 18 Monaten habe man sein Partnerprogramm umgebaut, zur „Wut und Enttäuschung vieler Kunden, denen jetzt nur eine kostspielige Migration bleibe“, schreibt das britische Newsportal The Register, das in seiner Analyse von „berechtigter Wut und Angst“ spricht.
Den letzten Ankündigungen zufolge will Broadcom unter anderem das VCSP-Partnerprogramm (VMware Cloud Service Provider) zum 31. Oktober 2025 komplett einstellen. Das betrifft nicht nur die Service‑Provider: Viele Kunden verlieren damit die Vertragsgrundlage, müssen neue Lizenzmodelle akzeptieren, Verträge analysieren und schnell Alternativen für den Betrieb finden.
Ärger im Partnerbereich schon seit 2023, neue Sicherheitslücken
Die Enttäuschung unter den Kunden ist groß. Dazu kommen die vier im Juli 2025 veröffentlichten massiven Sicherheitslücken in den Produkten VMware ESXi, Workstation, Fusion und anderen Tools. Initial entzündete sich der Ärger aber bereits seit Ende 2023, als alle VMware-Partner Post aus dem kalifornischen Palo Alto erhielten. VMware-Eigentümer Broadcom hatte die Lizenzen der Kunden umgestellt und allen Partnern zum Februar 2024 die Verträge gekündigt. Klares Ziel war es, die Partnerlandschaft neu zu strukturieren und seine Partner neu auszuwählen.
Wie der IT-Verlag Heise damals schrieb, traf die Maßnahme vor allem Kunden, deren Dienstleister dann keine Einladung ins neue Partnerprogramm erhielt. Diese Kunden stünden vor dem Problem, kurzfristig neue, autorisierte Anbieter finden zu müssen, ganz abgesehen von den Aufwänden für die Umstellung, einer potenziellen Migration oder Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Vertragsabschlüssen.
VMware reagiert auf Kundenproteste
Auch wenn VMware mittlerweile auf die Kundenproteste reagiert hat, geht der Kahlschlag im Partnerbereich offenbar weiter. Wie die Computer Reseller News melden, will Broadcom spätestens bis zum Herbst den Channel weiter verschlanken und „noch mehr kleinere Partner loswerden“. Außerdem solle das beliebte White-Label-Programm eingestellt werden, mit dessen Hilfe kleinere Cloud-Anbieter bisher Lizenzen über primäre Partner bezogen. „Nicht eingeladene Anbieter dürfen bis zum Stichtag weiterhin Transaktionen durchführen, können danach jedoch nur bestehende Verträge bedienen. Neuabschlüsse oder Verlängerungen sind nicht mehr möglich (…) Am 15. Juli 2025 teilte Broadcom den VMware Cloud Service Providern (VCSPs) direkt mit, dass – mit Ausnahme derjenigen im Europäischen Wirtschaftsraum – am 1. November 2025 ein neues Cloud Service Provider Programm in Kraft treten wird“, schreibt Heise dazu.
Auch wenn das bisher nicht im Europäischen Wirtschaftsraum gelte, seien Absicht und Strategie des Herstellers klar: ein reines Abomodell, eine Hyperscaler-Strategie (die sich auf große Clouds fokussiert), mit einem ausgedünnten Vertriebskanal an der Basis. Das Urteil von Analysten wie bei CRN ist deutlich – der Artikel trägt den Titel „Broadcom forciert Kahlschlag im Vmware-Channel“ und ordnet die Vorgänge so ein: „Jetzt wird dieses Rad noch einen Schritt weitergedreht und das Cloud Service Provider Program mit der Umstellung auf ein Einladungssystem nochmals verschärft. Einzig das EMEA-Vertriebsgebiet ist davon ausgenommen, zumindest vorerst noch“.
Ebenfalls als Reaktion auf Kundenstimmen hat VMware auf einen neuen Release-Zyklus umgestellt und die Supportdienstleistungen verlängert. Major Releases sollen fortan nur noch alle drei Jahre kommen, schreibt die Computerwoche: „Dieser strategische Rückzug spiegelt den wachsenden Widerstand der Unternehmen gegen erzwungene Upgrades angesichts dramatischer Kostensteigerungen wider“, erklärt die Computerwoche. Die Änderung des Veröffentlichungsrhythmus trage „Upgrade-Müdigkeit“ der VMware-Kunden Rechnung. Überdies verlange Broadcom aber „mindestens die Lizenzierung von 72 Kernen pro Bestellung, unabhängig vom tatsächlichen Bedarf“.
Zeit für eine neue Plattformstrategie
Das alles komme in einer Zeit, in der CIOs bereits über Änderungen zur Plattformstrategie nachdenken. Ein Analyst der Computerwoche bringt es auf den Punkt: „Die meisten CIOs starten 2025 strukturierte Pilotprojekte, da sie wissen, dass Entscheidungen nach Anfang 2026 zu überhasteten Umstellungen oder erzwungenen Vertragsverlängerungen führen können“. Allzu starre Vertragslaufzeiten und das Bündeln von Lizenzpaketen schränken da den Handlungsspielraum ein und zwingen Unternehmen eher dazu, Alternativen ins Auge zu fassen.
Allerdings liege in der aktuellen Situation auch eine Chance, schreibt die Computerwoche: Mehr und mehr Unternehmen setzten bei ihrer IT auf eine „kontrollierte Dezentralisierung“ und bewegten sich so weg von großen Monopolen und Monopolisten. „Alternative Plattformen (…) seien inzwischen ausgereift genug, um gängige Workloads zu übernehmen – inklusive Hochverfügbarkeit, Notfallwiederherstellung und GPU-Virtualisierung“, zitiert das Magazin einen Analysten. Ab 2026 sei so auch ein vollständig VMware-freier Betrieb realistisch. Dass diese Aussage schon sehr lange stimmt, zeigt unter anderem die IT Works AG mit dem CoreBiz-Produktportfolio, das unter anderem Virtualisierung in einem hochverfügbaren, hyperkonvergenten Zwei-Knoten-Cluster implementiert.